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Todeseinweihung

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Vorwort

Es folgt die Geschichte einer schamanischen Todeseinweihung. Der Name Todeseinweihung kommt nicht von Ungefähr, denn wenn die Einweihung schief geht, wenn der Einzuweihende nicht die Kraft hat sie zu überstehen, dann kann als Folge der körperliche Tod eintreten. Schamanismus ist durchaus nicht der "ungefährliche Weg" für den ihn die moderne New Age Philosophie gern ausgeben würde. Im Grunde genommen ist der Schamanismus sogar ein sehr extremer, gefährlicher und schwieriger Pfad -- zumindestens wenn man ihn ernst nimmt und den Geistern wirklich erlaubt einem die wahre Essenz des Schamanismus beizubringen. Die von Geistern gelehrte Form des Schamanismus ist grundverschieden von dem was man gewöhnlich auf Kursen und in Büchern lernt. Sie geht weit darüber hinaus, konfrontiert den Anwärter aber auch mit wesentlich größeren Herausforderungen.

Der folgende Artikel ist für jene gedacht, die gerne die Herausforderung mit denen Schamanen konfrontiert werden besser verstehen würden, und natürlich auch zur Unterhaltung! :) Er ist keinesfalls als Gebrauchsanleitung für die Einnahme heiliger Pflanzen oder gar giftiger Kraftpflanzen gedacht -- weder wie unten beschrieben noch im Allgemeinen. Er ist nicht zur Nachahmung gedacht, sondern rein zur Aufklärung über den Pfad des Schamanen. Wenn du glaubst, die nachfolgend beschriebenen Dinge allein ausprobieren zu müssen, dann sei dir bewußt, daß sie dich deine Gesundheit oder gar dein Leben kosten können! Du allein entscheidest was du tust und ich übernehme keinerlei Verantwortung für Schäden, die durch den Mißbrauch der hier präsentierten Information entstehen, noch für Entscheidungen, die Andere treffen.

Meine persönliche Erfahrung auf dem Pfad des Schamanismus war eine sehr tiefgehende. Es ist für mich ein großer Segen, daß ich mit der Anderswelt verbunden bin und so die Lehren direkt von den Geistern empfangen kann -- obwohl diese Lehren oft schwierig waren und extreme Prüfungen und Härten mit sich brachten, denen sich die meisten modernen Menschen wohl kaum freiwillig unterwerfen würden. Doch wenn der Geist ruft, muß der Schamane antworten! Und so war es auch damals, als ich aufgerufen wurde mich einer extremen Einweihung zu unterziehen, einer Prüfung, die gleichzeitig auch eine karmischen Tilgung einer großen Gefahr war, die in naher Zukunft auf mich wartete und auf keine andere Weise abgewendet werden konnte. In meinen Visionen, Meditationen und Träumen hatte ich drei potentiell lebensbedrohende Ereignisse gesehen, die in den nächsten 12 Monaten auf mich zukamen. Um sie abzuwenden luden mich die Geister zu dieser Einweihung ein, damit ich mich freiwillig einer dreifachen Todeserfahrung unterwerfen und auf diese Weise das Karma abwenden könne bevor es sich manifestierte. Deswegen war der Sinn und Zweck dieser Todeseinweihung, so seltsam das auch klingen mag, einen frühzeitigen Tod abzuwenden und mein Leben zu erhalten, damit ich hier auf Erden noch meine Aufgabe verrichten kann, bevor ich in geistige Gefilden einziehe.

Der Tod ist im Schamanismus ein sehr wichtiges Thema. Die instinktive Todesangst des Menschen hindert ihn daran höhere Bewußtseinsebenen und bestimmte Regionen der Anderswelt zu erreichen. Deshalb muß die Angst vor dem Tod überwunden und die Einstellung zum Tod völlig geändert werden. Statt den Tod als Feind zu sehen -- was die normale Sichtweise unserer materiellen Gesellschaft ist -- kann der Tod der Freund des Schamanen werden, vorausgesetzt er hat ihm ins Auge geschaut und ihn überwunden; erst dann kann der furchtlose Schamane in völliger Freiheit und ohne Angst die Anderswelten und Astralebenen bereisen. Aus diesem Grund hatten viele schamanistische Kulturen und uralte Traditionen Einweihungsriten, bei denen der Einzuweihende eine Art Todeserfahrung durchmachen mußte. Seinen Frieden mit dem Tod zu machen und sich von Todesfurcht zu befreien, ist für jeden ernsthaften Schamanen unerläßlich!

Es folgt die Geschichte meiner eigenen schamanischen Todeseinweihung. Sie ist recht lang, deshalb sollte man sich vielleicht schnell eine Tasse Tee machen bevor man mit dem Lesen beginnt. Wenigstens müsst ihr im Gegensatz zu mir nicht mitten im Winter in den eisigen Wald gehen, sondern könnt meine Erfahrung gemütlich in einem Sessel sitzend mit einer Tasse Tee genießen!
Heil und Segen allen spirituell Suchenden!
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Fahrt zum Tod

Hier saß ich nun im Auto auf dem Weg zum Wald und zur Todeseinweihung! Der Sonnenuntergang färbte die Felder in Schattierungen von sanftem Orange und Blau und meine Autostereo spielte Destiny von Parnassus, ein Lied, das mit Sterben zu tun hat. Ich mochte dieses Lied schon immer und sang fröhlich mit. Ich konnte kaum glauben, daß ich es wirklich tun wollte, aber es war meine eigene Idee und Entscheidung gewesen, obwohl ein befreundeter Schamane mir dabei geholfen hatte das Ritual zu planen, mir Anweisungen für die Zubereitung der einzunehmenden schamanischen Pflanzen gegeben hatte.

Es war das seltsamste Gefühl, freiwillig zu seinem Tod zu gehen. Doch ich kannte dieses Gefühl, es ähnelte dem Gefühl, das ich beim Fallschirmspringen hatte, einer Mischung aus Angst, Spannung und felsenfester Entschlossenheit
. Ich fuhr schneller als sonst, denn ich hatte das Haus später verlassen als geplant und war nun in Eile meinen gewählten Ort im Wald zu erreichen bevor es dunkel wurde.

Im Kofferraum war meine Ausrüstung eingepackt: der Rucksack enthielt eine Strohmatte, eine Decke, eine große Plastikplane, falls es regnen sollte, einen Mörser mit St
ößel, die Pflanzen, die ich für die Todeseinweihung brauchte: Bilsenkraut, Alraune und Stechapfel, meine Pfeife, drei Feuerzeuge (zur Sicherheit), je eine Flasche Wasser und Fruchtsaft für die Nacht, eine weitere Flasche Löwenzahnpressaft aus dem Naturkostladen (gedacht zur Leberreinigung am Morgen nach der Alraune), etwas Dextrose für den Notfall, falls ich niedrigen Blutzucker bekommen sollte (denn ich hatte seit drei Tagen gefastet), Gaben für Ghede und die Naturgeister, einschließlich einer Flasche Rum, Tabak, Brot, Erdnüssen und einer Zigarre; dann noch eine Taschenlampe, als Lichtquelle bei der Kräuterzubereitung, ein Kompass zum Kreis schlagen, und ein Paar extra Socken, um mich warm zu halten. Zusätzlich hatte ich auch noch meinen schweren Daunenschlafsack und eine zusammengerollte Campingmatte zu tragen. Beim Verlassen des Hauses war es mir schon schwergefallen den Rucksack hochzuheben. Nach drei Tagen Fasten war ich nicht gerade auf dem Gipfel meiner Kraft und hatte mich gefragt, ob ich den Rucksack überhaupt tragen könne, entschied dann aber, daß es schon irgendwie gehen würde. Mittlerweile spielte die Stereo Initiation and Rough Water. Ich sang mit und genoß die Musik in vollen Zügen.
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Ein Steiler, Glatter Pfad

Und schon war ich da. Ich steuerte das Auto auf den öffentlichen Parkplatz und parkte es in der Nähe des zum Wald führenden Fußpfades. 'Los geht's!' dachte ich und stieg aus, um meine Ausrüstung zu holen. "Bereit zu sterben!" sagte ich als ich mir den schweren Rucksack auf den Rücken schwang. Ich griff mir den Schlafsack und die Campingmatte, verschloß das Auto und lief los. Der bergabführende Weg war völlig von Eis bedeckt und so spiegelglatt, ich hätte darauf Schlittschuh laufen können. Ich hielt mich auf der gefrorenen Wiese, wo das Laufen etwas leichter war. Glücklicherweise trug ich meine schweren Stiefel, aber selbst damit was es schwierig vorwärtszukommen, und die schwere Last auf meinem Rücken machte die Sache auch nicht gerade leichter. Es war eine lange Wiese, circa 200 Meter Weg. Als ich sie endlich überquert hatte und vor dem Wald stand, war es mir schon ordentlich warm. Von hier aus führte der vereiste Pfad bergauf. Ich hielt mich am Rand des Weges und wählte jeden Schritt auf dem glatten Boden sehr sorgfältig aus. Außer mir war keine Menschenseele im Wald, worüber ich froh war, denn ich wollte weder gesehen noch gefolgt werden.
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Hindernis Nr. 1: Schwäche

Mit all dem Zeug, das ich herumtrug fühlte ich mich wie Rambo mit seiner Kampfausrüstung -- doch der haupsächliche Unterschied zwischen Rambo und mir war, daß er stark war, während ich nach drei Tagen Fasten ziemlich schwach war. Ich konnte es fast nicht den Hang hinauf schaffen. Mein Herz schlug so wild, daß ich fürchtete jeden Moment ohnmächtig zu werden. Ich mußte einen Augenblick anhalten und ein paar tiefe Atemzüge machen. 'Das ist die erste Prüfung,' dackte ich mir. 'Es ist noch ein langer Weg und ich bin körperlich unfit.' Aber ich war entschlossen nicht aufzugeben. Wenn mein Körper nicht die Kraft hatte, dann mußte Willenskraft sie eben ersetzen. Ich biß die Zähne zusammen und marschierte weiter, im Schneckentempo, aber immerhin. Allmählich fühlte sich mein Herz besser an und ich konnte etwas schneller gehen. Der Rucksack war sehr schwer und der Schlafsack ebenfalls. Ich mußte die Campingmatte mehrmals von einer Seite auf die andere wechseln, weil mein Arm müde wurde.

Auch machte ich mir Sorgen ich könnte mich verirren, denn die Wege in diesem Wald waren sehr verwirrend. Als ich an ein Markierungszeichen kam, einen Adler auf einem hölzernen Totempfahl, wußte ich, daß ich auf dem richtigen Weg und es nicht mehr weit war. Ich versuchte schneller zu laufen, um vor Einbruch der Dunkelheit anzukommen. Es dauerte nicht lange bis ich die Erdhügel links von mir sah und wußte, daß ich an dem von mir ausgewählten, vor einigen Tagen erkundschafteten Platz angekommen war. Ich ging vom Weg ab, an den Erdhügeln vorbei und auf einen Eiche zu neben der ein gefallener Tannenbaum lang. Dies war der Platz! Ich warf mein schweres Gepäck ab. Ich schätzte mir blieben noch circa 20 Minuten bevor es dunkel wurde, also fing ich sofort mit den Vorbereitungen an.

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Vorbereitungen

Der erste Teil des Rituals bestand daraus den Platz zu heiligen. Aber das Licht schwand so schnell, daß ich mich entschloß, zuerst mein 'Bett' für die Nacht aufzustellen. Zuerst legte ich die Strohmatte so auf den Boden, daß sich die Eiche hinter mir am Kopfende, der gefallene Tannenbaum rechts von mir und ein Haufen Tannenäste auf meiner linken Seite befanden. Nach kurzer Überegung entschied ich die Barriere auf der linken Seite zu erhöhen. Nur ein paar Schritte entfernt fand ich einen weiteren großen Tannenast, den ich zu meiner Matte schleppte und zur Aufstockung der linken Seite verwendete. Dies vervollständigte die Hufeisenkonstellation. Ich befand sie als gut und fuhr mit anderen Vorbereitungen fort. Die Campingmatte kam auf die breitere Strohmatte. Auf diese Weise würde mein Schlafsack nicht naß oder schmutzig werden, sollte er von der Gummimatte rutschen. Dann öffnete ich den Schlafsack und breitete ihn auf der Gummimatte aus. Ich hatte noch eine extra Decke. Nach kurzer Überlegung entschied ich sie lieber als weiche Unterlage zu verwenden statt sie über den Schlafsack zu legen, der wohl warm genug sein würde. Die oberste Schicht war eine Plastikplane, die ich nur für den Notfall mitgenommen hatte, falls es regnen sollte. Am Morgen hatte es zwar nicht nach Regen ausgesehen, aber kurz bevor ich das Haus verlassen hatte, fing es an zu nieseln.
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Hindernis Nr. 2: Kompass Probleme

Als nächstes packte ich meine Ritualsachen aus. Den Kompass brauchte ich als erstes, um geheiligten Raum zu schaffen. Ich hatte einen mit Gel gefüllten Ingenieurkompass gewählt, den ich selten benutzte und der es übel nimmt falsch herum aufbewahrt zu werden. Als ich ihn aus der Tasche nahm sah ich zwei Luftblasen im Gel. Die Nadel bewegte sich kaum, egal in welche Richtung ich mich drehte. Ich seufzte, hier war das zweite Hindernis! Ich hatte keinen funktionsfähigen Kompass und keine Ahnung wo die Himmelsrichtungen waren! Auch kannte ich diesen Wald kaum und wußte nicht wie er im Verhältnis zu meinem Zuhause lag. Ich zermarterte mir das Gehirn damit mir die Lage bildlich vorzustellen, um Osten zu finden. Es gab auch kein Sonnenlicht oder sonst etwas, das mir die Richtungen verraten konnte. Endlich ahnte ich wo Osten war. Da fing auch der Kompass an zu funktionieren und zeigte Osten in der ungefähren Richtung, die ich selbst erraten hatte. Erleichterte begann ich das Bannritual. Leider konnte ich es immer noch nicht ganz auswendig, ich mußte ab und zu auf die ausgedruckten Notizen schauen, die ich als Gedächtnisstütze mitgenommen hatte.
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Heiligung

Der Zeitdruck machte mich etwas nervös. Das Licht verblasste sehr schnell. Ich schätzte, daß mir nur etwa 10 Minuten blieben bevor es dunkel wurde. Ein oder zweimal blieb ich stecken und mußte ein paar Zeilen des Rituals wiederholen, aber ich vollendete es und war zuversichtlich, daß der Platz jetzt sicher sei. Dann sprach ich zu den Naturgeistern. Ich bat um Schutz und Hilfe, dann legte ich Tabakgaben an alle Bäume, die um meinen Schlafplatz herum standen. Die Brotgaben legte ich etwas weiter weg, denn ich wollte keine Tiere in meine Nähe locken. Ich nahm mir einen Moment Zeit mich geistig mit der Eiche unter der ich schlafen wollte zu verbinden, und legte auch dort eine Tabakgabe ab. Ich spürte der Baum war mir freundlich gesinnt.

Jetzt kam der entscheidende Teil: das eigentliche Todesritual. Ich rief Ghede an, den Geist des Todes, und opferte ihm Rum, eine ordentliche Menge Erdnüsse und etwas Brot. In der Eile vergaß ich ihm die mitgebrachte Zigarre zu geben. Dann erklärte ich meine Absicht und bat um seine Hilfe. Ich sagte: "Ghede, ich bin gekommen, um mich heute hier einer Todeseinweihung zu unterziehen. Führe mich durch meinen Tod und darüber hinaus, zu meinem wahren, unzerstörbarem ewigem Selbst. Laß mein altes, unechtes Selbst mit allen seinen Identitäten sterben damit mein wahres Selbst hervorkommen kann. Führe mich durch den Tod und laß mich voll ermächtigt wiedergeboren werden." Die Worte flossen leicht und fest von meinen Lippen. Ich war zuversichtlich, daß Ghede mich gehört hatte. Das war's dann wohl! Heute Nacht würde ich meinen Tod erleben. Weder Angst noch Zweifel noch Widerstand waren in mir. Es war leicht, dachte ich, alles was ich zu tun hatte war loszulassen und mich dem Tod hinzugeben. Ich war bereit und willens. Ich machte mich selbst dem Tod zur Opfergabe.

Es war Zwielicht. Schnell zog ich mir die Stiefel aus und stellte sie in einen Plastikbeutel, damit sie innen nicht naß würden. Meine Jacke faltete ich und legte sie unter das Kopfteil meines Schlafsackes als extra Kissen. Dann schlüpfte ich mit den Beinen in den Schlafsack. Ich prüfte, ob alles was ich brauchte in Reichweite war. Ich setzte meine warme Mütze auf und schnallte mir die Kopflampe um. Ich war entschlossen die Kopflampe nur zur Zubereitung der Kräuter zu benutzen, was ich mich jetzt anschickte zu tun. Ich hatte die Regeln zum Bestehen dieser Einweihung ganz klar in Erinnerung: an Ort und Stelle bleiben bis die Sonne am Morgen aufgeht, oder du kannst es als Versagen betrachten. Verwende die Taschenlampe nur für absolut notwendige Arbeiten, wie die Zubereitung der Kräuter, u.s.w. Sie zu benutzen, um in den dunklen Wald zu leuchten, würde ebenfalls Versagen bedeuten. Laufe nicht weg, egal was passiert. Bleibe am Platz und werde mit Allem fertig was auch kommen mag, oder du hast versagt. Ich war fest entschlossen nicht zu versagen und diese Prüfung und Einweihung zu bestehen, egal was man mir auch auferlegen möge. Es wurde sehr schnell dunkel. Es war Zeit für die erste Phase der Einweihung: die Einnahme von Bilsenkraut.
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Bilsenkraut

Man hatte mir gesagt Bilsenkraut würde mich in durch den Tod und darüber hinausführen. Ich war mir auch völlig im Klaren darüber, daß die Pflanze giftig war. Die ursprünglichen Anweisungen waren nur sechs der winzigen Samen einzunehmen. In der vorigen Nacht hatte ich als Probelauf schon zwei ausprobiert und es war problemlos gewesen. Ich folgerte ich könne mehr als sechs nehmen, auch hatte ich das Gefühl, daß ich mehr brauchen würde, um eine Todeserfahrung zu bekommen. Also entschloss ich mich alle der kleinen Samen zu nehmen, meiner Schätzung nach waren es etwa 30 bis 40. Im Licht der Taschenlampe schüttete ich sie vorsichtig aus der Plastiktüte in den Mörser. Erst als ich anfing sie zu zählen, wurde mir klar, daß es wesentlich mehr waren -- über 50 vielleicht sogar 60 oder 70. Ich gab das Zählen auf und entschied sie trotzdem alle zu nehmen. Dann zermahlte ich sie sehr gründlich, goß etwas Wasser zu und fuhr mit dem Mahlen fort. Ich sprach ein Gebet über dem Trank, er sollte mich in den Tod führen und darüber hinweg, dann trank ich ihn in einem Zug. Es schmeckte recht angenehm. Zwei Mal noch füllte ich den Mörser mit Wasser, rührte um und trank. Nach dem ich mich noch einmal versichert hatte, daß ich alle Samen eingenommen hatte, legte ich mich nieder, schloß die Augen und entspannte mich.
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Loslassen

Ich rief mir noch einmal ins Gedächtnis, daß ich hierher gekommen war um zu Sterben. Also gab ich alle Sorgen um das Überleben auf und alle Gedanken an die Zukunft. Ich dachte kurz an meine Katzen, die ich wiedersehen wollte, dann schob ich auch diesen Gedanken zur Seite. Wie einst in einem Traum, indem ich mich selbst als Opfergabe auf den Altar gelegt und mich völlig hingegeben hatte, tat ich dies auch jetzt. Ich war innerlich ruhig und konzentriert und betete zum Gott des Todes und dem Geist des Bilsenkrautes, mich in den Tod und darüber hinaus zu führen, mein altes Selbst mit all seinen Identitäten sterben zu lassen, daß ich wiedergeboren werde.

Plötzlich hatte ich ein seltsames Gefühl in meiner Yoni. Es war keine echte Erregung, aber es fühlte sich an als ob mich dort etwas berührte, eine Art Druckgefühl. Ich erinnerte mich, daß ich in einem Buch über Schamanismus gelesen hatte, das Gefühl von Bilsenkraut wäre dem des Sterbens ähnlich: sexuelle Erregung wäre ein Teil davon. Ich entspannte mich und das Gefühl ging schnell vorüber. Bald begann ich im Geiste Bilder zu sehe. War ich müde und kurz davor einzuschlafen, fragte ich mich. Es war noch viel zu früh um schläfrig zu werden. Dann erkannte ich, daß die vermeintlich Müdigkeit und Vorstufe zum Traum der Anfang von Visionen war! Ich konnte aber keinen Sinn in ihnen finden, denn ich bekam nur kurze Einblicke in Szenen und Bilder, die so schnell wieder verschwanden, daß mein Geist sie nicht greifen konnte! Auch hatte ich ein brennendes Gefühl im Herzen, was allmählich stärker wurde. Ansonsten passierte nicht viel, und nach etwa 15 Minuten entschloss ich mich die Alraune zu nehmen.
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Alraune

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Die Alraunen Abkochung war in meiner Thermosflasche, in der Seitentasche meines Rucksacks. Ich konnte sie leicht im Dunkeln finden, brauchte aber die Taschenlampe, um sie ohne zu Verschütten in den kleinen Becher zu gießen. Die Flüssigkeit war ziemlich dunkel. Es war die stärkste Alraune, die ich je zubereitet hatte. Dabei hatte ich mich an die Anweisungen eines befreundeten Schamanen gehalten und sie dreimal 1 1/2 Stunden lang gekocht. Ich betete zum Geist der Alraune, mich tiefer zu meinem wahren, unzerstörbaren, ewigen Selbst zu bringen, dann trank ich den ersten Becher. Es schmeckte absolut widerlich, fast so schlimm wie Ayahuasca, doch eine gutes, vertrautes Gefühl durchströmte mich, als die Pflanze in meinen Körper kam. Ich trank schnell die beiden weiteren Becher und spülte den üblen Geschmack mit etwas Wasser hinunter, dann legte ich mich wieder hin. Mittlerweile war es stockfinster, nur ein Paar Mondstrahlen drangen duch die Baumwipfel. Im Gebüsch raschelte es, was mir ein bißchen unheimlich war, aber ich erlaubte meiner Fantasie keinen Freilauf. Um sie nicht im Dunkeln zu verlieren, schnallte ich mir die Taschenlampe um den Arm, dann zog ich mir die Mütze über die Augen, um klarere Visionen zu bekommen.

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Lebendig begraben und erstochen

Und Visionen kamen auch. Zuerst sah ich mich selbst realistisch, als ob von oben, in meinem Schlafsack liegend von gefallenen Herbstblättern umringt. Plötzlich öffnete sich der Boden unter mir und schluckte mich, dann schloß sich die Erde über mir. Ich war begraben! Aber ich hatte keine Angst, mir gefiel die Umarmung der Erde sogar. Ich begann kontinuierlich zu beten. Dies tat ich nicht aus Angst, sondern um den Prozess noch anzufeuern und auf den Sinn des Rituals konzentriert zu bleiben. Mein Herz brannte jetzt sehr stark. Erst sah ich vereinzelte Bilder aller möglichen Dämonen, dann ging die Post ab. Zunächst erlebte ich, wie ich immer wieder erstochen und umgebracht wurde. Messer und Schwerter stachen mir immer wieder in den Oberkörper, meist ins Herz, was jetzt wie Feuer brannte. Manchmal sah ich mich die Arme zur Abwehr erheben. Aber es war umsonst, obwohl mir die Arme zerschnitten wurden und Blut an ihnen herabtriefte, traf mich der Dolch dann doch ins Herz und brachte mich um. Ich hatte keine Furcht. Ich beobachtete nur wie ich immer wieder erstochen wurde. Dies ging ca. eine halbe Stunde lang so weiter, dann verlor ich plötzlich das Bewußtsein.

Als ich wieder zu mir kam, war alles anders. Mein erstes Problem war Druck und Angst. Meine Blase fühlte sich voll an, aber ich hatte zuviel Angst aus der scheinbaren Sicherheit meines Schlafsackes herauszugehen und in fast vollständiger Dunkelheit zwischen den Bäumen herumzuirren. Ich konnte gut nachfühlen, warum manche Menschen in so einer Situation lieber in ihren Schlafsack pinkeln. Aber das stand für mich nicht zur Debatte. Letztendlich riß ich mich zusammen und stand auf, zog die Stiefel an und lief ein paar Meter, um hinter einem Baum zu pieseln. Ich tat dies ohne Taschenlampe, das hätte meiner Meinung nach als Schummeln gegolten. Nachdem ich mich erleichtert hatte, ging es mir gleich viel besser. Beim Zurückkriechen in meinen Schlafsack stach mir ein winziger Zweig fast ins Auge. Der junge Baum direkt neben meinem Schlafsack hatte ein paar winzige, niedrige Zweige. Ich entschuldigte mich bei dem Baum und brach die Zweige zur Sicherheit ab. Dann wickelte ich mich wieder in den Schlafsack ein, bereit für weitere Visionen.
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Furcht

Anfangs hatte ich wieder Visionen verschiedenartiger Dämonen. Das brennende Gefühl im Herzen war immer noch da und immer noch sehr stark. Dann ging es mit den Erstechungen weiter. Genau wie zuvor sah ich mich immer wieder durch Messer und Schwertstiche in die Brust und ins Herz ermordet. Trotzdem dachte ich, die ganze Sache mit dem Tod ist ja nicht so schlimm, ich hatte viel Schlimmeres erwartet. Ich fragte mich dann, ob ich auch alles richtig gemacht hatte, dann hörte ich mit dem Analysieren auf und ließ mich einfach treiben. Einmal hörte ich Fußtritte, die näher kamen, und bekam richtig Angst. Am Ende setzte ich mich in meinem Schlafsack auf und schaute mich um. Ich konnte zwar nichts sehen, hatte aber große Angst. Alle möglichen Szenarien gingen mir durch den Kopf. Aber ich wußte, egal was geschah, ich durfte diesen Ort bis zum Morgen nicht verlassen. Mein Herz schlug so schnell, daß ich fürchtete einen Herzanfall zu erleiden. Wie verrückt wäre das, dachte ich, wenn mich am Ende meine eigene Furcht umbrächte! Ich begann im Geiste die Littanei gegen Furcht (von "Dune") aufzusagen: "I must not fear. Fear is the mind killer. Fear is the little death, that brings total obliteration. I will face my fear, I will permit it to pass over and through me. Where the fear has gone, there will be nothing, only I will remain!" Es half. Innerhalb kurzer Zeit war mein Herzschlag ruhiger geworden und ich fühlte mich sicher genug mich wieder hinzulegen.
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Todeswunsch

Ich zog die Mütze wieder über meine Augen. Ich sagte mir, daß es mir egal sei was mit mir passieren würde. Ich war ja schon tot! Mein Körper entspannte sich so tief und wurde so schwer, daß ich ihn kaum noch fühlte. Das war eigentlich ganz angenehm. Und dann kam der Todeswunsch wieder hoch. Ich wünschte mir den Tod, wollte sterben. Ich war froh, daß ich weder ein Messer noch meine Athame mitgenommen hatte, und so nicht versucht war dem Todeswunsch nachzugeben. (In Wahrheit hatte ich ein kleines Taschenmesser dabei, aber in diesem Moment war mir das nicht bewußt.) Selbst dann hätte ich mir wohl kaum etwas angetan, denn der Todeswunsch war nicht so stark wie sonst, aber er blieb lange in mir. Ich erinnerte mich daran, was man mir über den Todeswusch gesagt hatte: um ihn ein für alle Mal loszuwerden, muß man ihn voll fühlen ohne ihm nachzugeben. Also erlaubte ich mir ihn zu fühlen. So lag ich dann mit brennendem Herzen und Todeswunsch eine halbe Ewigkeit lang. Es schien mir, daß Stunden vergangen waren. Auf einmal sah ich im Geiste meine Badezimmer Kacheln. Die seltsame Vision schien mir zuerst ganz unsinnig. Doch dann verstand ich: nachdem wir in unser Haus eingezogen waren, hatten mein (Ex) Partner und ich uns oft gewaltig gestritten. Viele Male war ich so verletzt, daß ich dachte mein Herz würde zerspringen. Oft endeten diese Streite damit, daß ich mich ins Badezimmer einschloß. Da saß ich dann stundenlang auf dem kalten Fußboden und hatte Selbstmord Gedanken. Auch zu anderen Zeiten in meinem Leben hatte ich den Todeswunsch verspürt, aber nie war er so übermächtig gewesen wie zu dieser Zeit. Er hatte mich tiefer verletzte als jeder andere, denn ich liebte ihn obwohl er emotional grausam und kalt zu mir war.
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Haß dem Tyrann

Etwas später veränderte sich das Thema. Mir wurde der Schaden bewußt, der mir von Anderen angetan worden war. Der Hauptschuldige war mein Stiefvater, der Terror und Tyrann meiner Kindheit und Teenager Jahre. Es war weniger die Erinnerung an das, was er mir angetan hatte, denn diese alten Geschichten taten mir nicht mehr weh. Doch jetzt wurde mir bewußt wie das, was er mir angetan hatte mich verändert hatte, wie es mich beschädigt hatte, mich auf Wege der Trauer und des Schmerzes führte, auf denen ich immer noch wandelte, heute wie damals. Er hatte mich beschädigt und dieser Schaden war nach so vielen Jahre immer noch da. Und dafür hasste ich ihn. Unter normalen Umständen kann ich nie viel Haß in mir aufbringen, für niemand, nicht einmal meinen Stiefvater, nicht einmal wenn ich an die bösartigen und grausamen Dinge denke ,die er getan hat. Ich sehe ihn immer nur als traurige Figur. Aber jetzt hasste ich ihn wirklich, und ich ließ meinen Haß ungezügelt los. In meiner Fantasie töte ich ihn immer wieder, auf die verschiedensten Weisen. Ich wollte ich wirklich töten und wünschte ich könnte einfach hingehen und es tun. Aber ich wußte auch, das dies ein Verbrechen wäre. Also betete ich stattdessen zu Ghede doch meinen Stiefvater zu holen, ihn sterben zu lassen. Das gab mir eine gewisse Befriedigung, aber viel besser fühlte ich mich dadurch auch nicht.
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Vision des unzerstörbaren Selbsts

Schließlich vergingen diese Visionen und Gefühle und eine Weile lang befand ich mich in einem Zustand der Ruhe, ansonsten schien nichts zu passieren. Dann überkam mich auf einmal ein Gefühl der Euphorie. Und all die Dinge mit denen ich gerade noch gerungen hatte, erschienen mir auf einmal klein und bedeutungslos. Ich sah mich selbst, mein wahres Selbst, als ein strahlendes, leuchtendes Lichtwesen, unkörperlich, über den Körper aus Fleisch und Blut hinausgehend. Ich erkannte mich selbst als ewig und unsterblich, egal was meinem fleischlichen Körper auch geschehen möge. Es war unwichtig, denn mein wahres Selbst war ewig, unvergänglich und unermeßlich schön. Dieses Wissen gab mir viel Kraft und Mut. Es gab nichts was mir irgendwer antun konnte, was mir das je wieder wegnehmen konnte. Ich schätzte die Erfahrung und versuchte die Erinnerung daran für immer in meinem Wesen zu verankern, damit ich sie niemals wieder verlieren konnte. Als ich dies tat streckten die Götter oder die Geister oder höhere Wesen ihre Arme zu mir aus und reichten mir einen riesigen Diamant. Er war faustgroß und wunderschön geschliffen. Ich verstand, daß er mein wahres, unzerstörbares Selbst und volle Kenntnis dessen darstellte. Sie pflanzten ihn in mein Herz Chakra ein. Ich fühlte ihn hineinsinken und war mit Dankbarkeit und einem so starken Glücksgefühl erfüllt, daß mir Tränen in die Augen stiegen. Still sagte ich Dank und fiel dann in einen tiefen Entspannungszustand mit extrem tiefer Atmung, die Meerwellen gleich über mich hinwegrollte.
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Vision der Göttin

Aber es kam noch besser. Völlig unerwartet wurde mir eine Vision der Göttin zuteil. Sie erschien mir in meiner Vision als eine schöne Frau, unermeßlich schön. Sie strahlte vor Energie. Und sie war splitterfaser nackt, das lenkte aber keinesfalls von dem Gefühl der Heiligkeit ab, das von ihr ausging. Ihr einziger Schmuck, das Einzige was sie trug, waren lange Halsketten aus funkelnden Juwelen, die auf ihren vollen Brüsten ruhten und mit strahlendem Licht besteckt waren, wie der sternenbesteckte Himmel in einer klaren Nacht. Sie lächelte mich an und streckte ihre Arme in einer Geste des Willkommens und der Segnung zu mir aus. Und ich fühlte mich wahrhaftig gesegnet, daß sie mich mit ihrer Anwesenheit beglückte. Ich fühlte die Liebe der Göttin zu mir, und diese Liebe war sehr heilend für jemanden, der sein ganzes Leben kaum Liebe empfangen hatte. Es wurde kein Wort gesprochen, Worte hätten nur abgelenkt. Die Gegenwart der Göttin war alles was ich brauchte, um mein Herz mit Liebe, Ekstase und Hingabe zu erfüllen. Ja, ich fühlte mich so gesegnet. Diese Todeseinweihung wurde immer besser, viel besser als ich je gedacht hätte. Solche Segnungen und Freude hatte ich nicht erwartet. Denn ich hatte mich innerlich darauf vorbereitet Schmerzen, Leiden und Schrecken zu ertragen, und so kamen diese wunderschönen Visionen und Gaben für mich ganz unerwartet. Sie erfüllten mich mit Erstaunen und großer Dankbarkeit.
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Von Werwölfen und Furcht

Dann war eine Zeit lang alles ruhig. Ich dachte, das Bilsenkraut und die Alraune hätten ihr Werk getan. Der Anweisung nach sollte ich die Stechapfelsamen nach 2-3 Stunden rauchen. Ich schätzte die verstrichene Zeit auf ungefähr so lang ein, und da es ruhig war und augenscheinlich nichts passierte, dachte ich die Zeit wäre reif mit Stechapfel etwas nachzuhelfen. Dies war der Teil, den ich am meisten gefürchtet hatte. Da ich bisher weder Bilsenkraut noch Stechapfel genommen hatte, hatte ich bei Erowid recherchiert. Da las ich eine furchterregende Geschichte von zwei Freunden, die beim Camping im Wald Stechapfel genommen hatten. Einer von ihnen sah den Anderen sich in einen Werwolf verwandeln und rannte in Panik durch den Wald, wobei er sich auf seiner wilden Flucht an Ästen die Haut zerkratzte und zerriß. Was noch gruseliger war, sein Freund bestätigte seine Vision später, sagte er hätte gefühlt, wie er sich in einen Werwolf verwandelte. Das Thema Werwolf jagte mir mehr Angst ein als alles andere. Doch ich sagte mir, egal was passiert, Werwölfe oder Teufel aus der Hölle, es ist nur eine Vision. Es ist nicht echt und du wirst schön brav hier bleiben und nicht wegrennen, egal was passiert! Ich hoffte ich würde noch die Geistesgegenwart haben mich an diesen Vorsatz zu erinnern, denn nachts im Wald herumzurennen ist gefährlich und ich wollte keinesfalls mit einem Auge in einen Ast rennen oder mir ein Bein brechen. Nochmals konzentrierte ich mich auf meinen Vorsatz an Ort und Stelle zu bleiben und auszuhalten, was auch immer geschah. Obwohl ich wirklich fürchtete was geschehen konnte, wenn ich die Pflanze rauchte, war ich doch entschlossen nicht zu versagen. Ich holte tief Luft und bereitete mich innerlich vor. Ich wußte sehr genau, daß dies eine gefährliche Pflanze war, die viele Leute nicht handhaben konnten, nicht einmal in einer perfekten geschützten Umgebung. Ich dagegen war gerade dabei diese Kraftpflanze alleine zu nehmen, ohne einen Aufpasser, weit weg von jeglicher Hilfe, mitten im Wald, nachts und mutterseelenallein. Es war schon eine angstmachende Situation. Ich sagte mir, ich müsse eben auf innere Führung vertrauen und dies ganz allein aus eigener Kraft durchstehen.

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Stechapfel

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Immerhin hatte ich den Prozess der Todeseinweihung ja schon begonnen, so sagte ich mir, hatte die ersten beiden der benötigten Pflanzen genommen, und so weit war alles gut verlaufen. Jetzt war es Zeit für die ultimative Prüfung. Nur noch ein weiterer Schritt, sagte ich mir und setzte mich in meinem Schlafsack auf. Ich bin schon tot, wovor habe ich also Angst? redete ich mir zu, und es half. Selbst wenn da ein Werwolf wäre und er mich anfallen würde, was könnte er schon tun? Mich töten natürlich, und so grausig das auch sein mochte, am Ende war es doch nichts anderes als der selbe alte Tod -- und vor dem Tod hatte ich keine Angst. Genau gesagt war ich zum Sterben hier! Also griff ich im Dunkeln nach dem Rucksack und kramte darin herum, um meine Pfeife, das Feuerzeug und den Beutel mit den Stechapfelsamen zu finden. Alles war so gut gepackt, daß ich keine Probleme hatte, die Dinge die ich brauchte im Dunkeln zu finden. Aber dann mußte ich doch die Kopflampe benutzen, um die Samen zu abzählen und sie nicht im Dunkeln auf der Erde zu verschütten. Eigentlich war es gruseliger die Taschenlampe zu benutzen als im Dunkeln zu bleiben. Denn wer oder was auch immer da draußen war, würde mich jetzt sehen. Im Licht der Lampe warfen die Bäume seltsame Schatten, die sich auf gespenstische, angsteinflößende Weise bewegten. Ich ignorierte das und konzentrierte mich auf die Zubereitung der Kräuter. Ich hatte ein bißchen Beifuß dabei, der als Unterlage dienen sollte, denn Stechapfelsamen allein brennen schlecht. Den stopfte ich in als Unterstes in den Pfeifenkopf. Mein Geist wandelte auf angsterregenen Wegen: ich hatte von einem Mann gehört, der nach dem Rauchen von nur drei Stechapfelsamen ein ganzes Jahr lang geisteskrank war. Aber ich sollte sieben rauchen, die Zahl der Einweihung. Wie verrückt war das nur? Ich legte die Samen in die Pfeife, oben auf den Beifuß. Dann sprach ich wie zuvor ein kurzes Gebet über den Kräutern. Sie sollten mich in den Tod und darüber hinaus führen, zu meinem unzerstörbaren Selbst und mich auf der anderen Seite wieder hervorkommen lassen, ganz verwandelt und in meiner Kraft.

Stechapfel dient zum Überwinden von Beschränkungen. Daher betete ich auch darum, alle meine Beschränkungen und alle entmachtenden und einschränkenden Glaubenssätze zu überwinden. Ich zündete die Pfeife an, fest entschlossen aber auch etwas nervös, nach allem was ich über diese Pflanze gehört hatte. Sie war auch ein Gift -- manche sagen sogar sie wäre ein tödliches Gift -- aber das machte mir weit weniger Angst als die furchterregende Vorstellung von Werwolf Visionen. In dem Moment als ich den ersten Zug einatmete, änderte sich alles. Ich kannte diese Pflanze! Ich kannte ihren Geist! Sie bewegte sich so glatt in meinen Körper wie die Hand in den Handschuh. Wie flüssiges Grün rollte sie über meine Zunge. Wie ein alter Freund kam sie zu mir, grüßte mich, drang mit seltsamer Vertrautheit in meinen Körper ein. Ich hieß sie freudig willkommen. Alle meine Ängste, mit denen ich gerade noch gerrungen hatte, verpufften. Der Rauch fühlte sich so gut an, obwohl er ätzend und bitter schmeckte! Ich machte lange Züge und hielt den Rauch so lange wie möglich in der Lunge. Anfangs hatte ich die Pfeife mit drei Samen geladen. Als sie verglüht und verkohlt waren, fügte ich neue hinzu, bis ich die benötigten sieben Samen mit drei Ladungen Beifuß geraucht hatte. Ich verstaute alles ordentlich und legte mich wieder hin, bereit für den nächsten Teil der Reise.



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Schwarzmagier

Mit geschlossenen Augen wartete ich auf Visionen. Erst kamen keine, und ich fragte mich schon ob Stechapfel auf mich keine Wirkung haben würde. Doch dann fingen die Visionen an. Als erstes fühlte und sah ich mehrere mächtige Schwarzmagier. Sie dienten den Kräften der Dunkelheit und hassten mich abgrundtief! Ich hatte das Gefühl, daß sie mich kannten, vielleicht aus einem früheren Leben, und daß ich schon einmal ihre Gegnerin gewesen bin. Sie wußten, daß ich sie sah, waren sich meines Lichtes bewußt und wollten mich vernichten. Ich beobachtete sie ohne Angst. Ihre Energie war mir zuwider, doch ich versuchte neutral zu bleiben und nur zu beobachten. Doch dann wurden sie meiner völlig gewahr, hoben ihre Köpfe und schauten mich direkt an. Ich hatte das sichere Gefühl, daß sich die Dunkelmächte meiner Kraft bewußt waren, vielleicht mehr als ich selbst! Dann griffen sie mich an, indem sie explodierende Energiebälle in meine Richtung warfen und mit ausgestreckten Händen Blitze auf mich losließen. Ich zog im Geiste einen Schildwall hoch, wie es mir mein Lehrer der spirituellen Kriegsführung beigebracht hatte. Daran prallten alle ihre Energiegeschosse und Blitze harmlos ab, wie Regen an einem Dach. Wie wütend sie mich auch angriffen, egal was sie mir auch entgegenschleuderten, sie konnten mich nicht treffen. Ich fühlte ihre Frustration und Wut, aber es berührte mich nicht. Ich war unverletzt und unberührt, unberührbar und außer ihrer Reichweite. Sie erschöpfen sich in nutzloser Rage, dann verblasste die Vision.
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Dunkle Gestalten

Stille und Dunkelheit umgaben mich wieder. Manchmal knackte ein Zeig und der Wind rauschte in den Bäumen. Doch der Wald fühlte sich jetzt schon vertraut an und ich konnte mich in dieser Umgebung gut entspannen. Es gibt wirklich nichts wovor ich Angst haben muß, sagte ich mir. Doch diese Idee sollte schon bald in Frage gestellt werden. Zuerst hatte ich das Gefühl beobachtet zu werden, dann sah ich in Vision mit geschlossenen Augen, dunkle Gestalten in langen Gewändern um meinen Ruheplatz herum stehen, mich beobachtend. Sie trugen schwarze Gewänder mit Kapuzen und ihre Gesichter blieben verborgen. Ich konnte überhaupt keinerlei Gesichtsüge sehen, doch spürte ich, daß sie nicht menschlich waren. Sie waren Geister. Eigentlich sahen sie den Ringgeistern in dem Film "Der Herr der Ringe" ähnlich. Das Gefühl ihrer Gegenwart wurde so stark, daß ich schließlich fast gegen meinen Willen meine Augen öffnete, um in die Dunkelheit zu spähen. Da, auf meiner rechten Seite, an dem Baum stand Einer in der materiellen Wirklichkeit. Was war wirklich und was war ein Traum? Was machten diese Wesen hier? Zuerst hatte ich angenommen, daß sie Schwarzmagier und Hexer waren, wie jene, die ich vorher gesehen hatte. Aber sie waren etwas Anderes. Keine Bösartigkeit strahlte von ihnen aus. Trotzdem waren sie verdammt furchteinflößend. Dunkle vermummte Gestalten in der Nacht zu sehen ist für die meisten Menschen schon allein genug um durchzudrehen, noch viel schlimmer ist, wenn man ganz allein im dunklen Wald mit ihnen ist, was das Ganze noch wesentlich verstärkt. Jetzt meinte ich, wurde mein Mut wirklich auf die Probe gestellt. Waren sie Geister --  böse Geister? Was wollten sie von mir? Christliche Programmierung sagte mir sie wären hinter meiner Seele her. Ich wies diesen Gedanken als Blödsinn zurück und wiederholte mein Mantra, um mich zu beruhigen. Es funktionierte. Allmählich entspannte ich mich in der Gegenwart dieser Wesen. Es schien mir nun, daß sie mir kein Leid zufügen wollten. Sie waren nur zur Beobachtung hier, nicht um zu verletzen. Trotzdem war es ein seltsames Gefühl sie in der Nähe zu wissen. Ihre Aura und Energie fühlte sich dunkel und bedrohlich an, doch das war wohl nur ihre Eigenart. Trotzdem war ich entschlossen diese Prüfung zu bestehen, egal was passierte, selbst wenn tanzende Skelette im Wald auftauchen sollten, ich würde aushalten! Die dunklen, verhüllten Gestalten blieben noch etwa eine halbe Stunde lang, dann entschwanden sie. Ich atmete erleichtert auf. Ich hatte diese Prüfung bestanden. Was würde in dieser Nacht wohl noch passieren? Ich schätzte ich hatte es etwa durch die halbe Nacht geschafft. Viel konnte noch passieren aber ich war mir meiner eigenen Kraft jetzt bewusster, fühlte mich fähiger als zuvor Herausforderungen zu bewältigen.
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Taubheitsgefühl und Zombies

Danach wurde mein Körper sehr schwer und lethargisch. Eine seltsame Taubheit ergriff ihn von Kopf bis Fuß. Ich hätte nicht einmal einen Finger bewegen können während eine todesähnliche Lähmung und Taubheit sich in meinem ganzen Körper ausbreitete, ja selbst meinen Geist beeinflusste, ihn abgestumpft und schwerfällig machte. Abstossende Visionen von Zombies erschienen vor meinem inneren Auge. Zombies haben mir immer schon am meisten Angst eingejagt, und Werwölfe, aber ich fand die Zombies schlimmer, da sie so ekelerregend waren. Trotz meines Ekels versuchte ich die Visionen mit einem neutralen Gefühl zu beobachten. Sie konnten mir nicht wehtun, waren aber hässlich und widerlich. Ich fragte mich, warum man mir diese Zombies zeigte. Und warum ich so ein taubes Gefühl hatte. Ich mußte daran denken, daß X. unsere Gruppe nach Haiti zu einer Voodoo Einweihung bringen wollte. Und Teil dieser Einweihung war die Einzuweihenden am Hinterkopf zu schneiden und bestimmte Kräuter in diesen Schnitt zu reiben, um die Einzuweihenden in Zombies zu verwandeln. Sie würden dann einen Tag lang willenslose Sklaven sein und tun was man ihnen sagte. Gleich von Anfang an hatte ich gesagt, daß ich solch eine "Einweihung" nie mitmachen würde, denn ich würde mich niemals dem Willen eines Anderen unterwerfen, noch ein Sklave sein. Stolz und Würde verbaten es. Einige der Anderen dachten, daß ich ein Angsthase sei, aber ich wußte es besser. Ich hatte meine eigenen Einweihungen, und die waren hammerhart, wie zum Beispiel die Brennesseleinweihung, wie diese Todeseinweihung. Sie wurden mir von den Geistern, denen ich vertraute auferlegt. Und ich folgte meinem Herzen und meiner Berufung und stellte mich tapfer allen Herausforderungen. Aber niemals würde ich jemandens Sklave sein, oder mich der Willkür eines Anderen unterwerfen. Ich würde mich vor niemanden beugen und niemanden Untertan sein. Sollten die Anderen erneut versuchen mich zu überreden an dieser Voodoo Einweihung teilzunehmen, dann würde ich ihnen dasselbe wie zuvor antworten: "ich werde nicht gehen!" Aber dieses Mal würde ich mich nicht schämen. Ich kannte meinen eigenen Wert, dank dieser Erfahrung verstand ich endlich. Ich würde nie ein willensloser, unter der Kontrolle Anderer stehender Zombie sein. Ich würde in meiner eigenen Kraft stehen und meine Kraft für mich behalten! Sobald ich diese Entscheidung getroffen hatte verschwand auch das Taubheitsgefühl.
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Laß mich in Frieden Ruhen

Aber das Untoten Thema war noch nicht vorbei, es nahm nur eine lustigere Form an. Das Lied, das Spike in der Serie Buffy sang ging mir einfach nicht aus dem Sinn. Er sang "Let me rest in peace" und sagte Buffy damit, sie solle ihn in Ruhe lassen, damit er wenigstens den Frieden der Toten bzw. der Untoten in seiner Gruft genießen konnte. Nun, ich lag auch in meinem Grab und ich wollte von Schwarzmagier und Kapuzengestalten in Frieden gelassen werden. Mir gefiel das Lied gut. Es ging mir immerzu im Kopf herum. Währenddessen fand auch noch ein makaberes Ballet statt: eine ganze Gruppe Skelette und Totenschädel tanzten zur Musik. Ich wußte erst nicht, ob ich lachen oder angeekelt sein sollte aber am Ende gewann der Humor. Diese Todeseinweihung war gar nicht so schlecht, dachte ich. Das Singen und Tanzen dauerte circa 20 Minuten, dann wurde es still. Ich schärfte mir nochmals ein nicht einzuschlafen, denn ich hielt es für wichtig die ganze Nacht Wacht zu halten, um Visionen bewußt zu erleben, anstatt in einen abgestumpften Zustand von Tamas zu verfallen, nur um am Morgen aufzuwachen ohne mit jeglichen Herausforderungen fertig geworden zu sein. Und Herausforderungen sollte ich erleben, mehr als mir lieb waren...
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Das Schnüffeln

Ich hatte gemeint, daß ich langsam an den nächtlichen Wald gewohnt war, aber das änderte sich schnell, als ich ein ungewohntes Geräusch hörte. Es was ganz klar ein Schüffeln, wie ein Hund, der am Boden herumschnüffelt. Es kam von rechts. Im Dunkeln ist Entfernung schwer zu schätzen aber es klang als ob es etwa 8 Meter entfernt war, zu meiner Rechten und in Richtung meiner Füsse. Es schnüffelte laut. Schnüffel, Schnüffel, Schnüffel. Ich erstarrte in meinem Schlafsack und hielt den Atem an. Hatte ich mir das nur eingebildet? Die Geräusche des Waldes waren verstärkt, zum Teil, weil ich ja nichts sehen konnte, zum Teil lag es an den Pflanzen, die ich genommen hatte. Da war es wieder, ein eindeutiges Schnüffeln, und es kam näher, war jetzt nur noch 4 Meter rechts von mir, etwa auf Hüfthöhe. Mein Herz schlug so schnell, ich glaubte, es müsse gleich aus meiner Brust springen. Alle schrecklichen Werwolf Filme, die ich je gesehen hatte, kamen mir jetzt wieder in den Sinn und machten mir noch mehr Angst. Ich sagte mir, daß es keine Werwölfe gibt. Aber eine kleine Stimme in mir erwiderte: 'bist du dir da ganz sicher?' Abgesehen davon waren auch echte Wölfe aus der Tschechoslowakei oder aus Zoos schon in europäische Wälder entkommen. Was wenn hier Wölfe waren? Und was konnte ich tun, falls dies wirklich der Fall war? Wegrennen war zwecklos, außerdem mußte ich ja bis zum Morgen hierbleiben. Ich sagte mir, daß ich mich nicht bewegen oder meiner Furcht nachgeben würde, aber als das Schnüffeln zum dritten Mal erklang, dieses Mal nur 2 Meter rechts von mir und auf meine Kopf zukommend, konnte ich nicht mehr ruhig liegen bleiben. Ich setzte mich ruckartig in meinem Schlafsack auf und riß weit die Augen auf, um zu sehen was im Dunkeln zu sehen war. Die Taschenlampe benutzte ich nicht. Ich dachte, das würde die Lage nur noch verschlimmern, außerdem hätte es Versagen bedeutet. Mein Herz raste und ich verspürte die extremste Angst, die ich so weit ich mich erinnern kann je in meinem Leben gespürt hatte.

Ich griff sicherheitshalber nach meinem kleinen Messer,
doch gegen ein großes Raubtier würde es mir nicht viel nützen. Trotzdem fühlte ich mich besser mit dem Messer in der Hand. Die Furcht war so stark, daß sie mir Übelkeit verursachte und mich schwächte. Ich mußte diese Angst unter Kontrolle bekommen. Ich begann tief aber leise zu atmen, während ich in die Dunkelheit schauend auf Anzeichen von Gefahr lauschte. Es war ruhig geworden, kein Schnüffeln mehr. Ich saß eine Weile still im Dunkeln und kämpfte mit meiner Furcht, die himmelhoch war. Ich wiederholte die Littanei gegen Furcht vier oder fünf Mal, was sehr half. Schließlich hatte ich mich genügend beruhigt und die Angst war auf ein akzeptables Niveau abgesunken. Nun war ich auf mich selbst wütend, daß ich mich so gefürchtet hatte. Ich versprach mir, ich würde keinen Zentimeter weichen, ob Wölfe, Werwölfe oder was auch immer. Ich würde in meinem Schlafsack bleiben und mich nicht bewegen. Resolut legte ich mich hin, deckte mich zu wie zuvor, zog die Mütze über die Augen und wickelte mich in den Schlafsack und sein Kopfteil wie in einen Kokon. Ich wollte keinen Werwolf sehen, keinen Werwolf hören, und sollte einer direkt vor mir stehen, dann würde ich doch nicht wegrennen, schärfte ich mir mit eiserner Entschlossenheit ein. Ich vermutete, das Schnüffeln war ein Trick der Geister, um mich vor Angst verrückt zu machen, so daß ich aufsprang und wegrannte und bei der Einweihung versagte. Es würde ihnen nicht gelingen, ich würde aushalten bis die Sonne aufging. Oh wie sehr hoffte ich es wäre bald, aber bis zum Sonnenaufgang waren es noch Stunden, denn die Dunkelheit war undurchdringlich.
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Wildschweine

Eine Zeitlang war alles ruhig. Ungefähr eine Stunde lang geschah nicht viel. Ich hatte Kopfschmerzen, ansonsten schien nichts los zu sein. Doch seit dem Schnüffeln war ich wachsamer und mir der Geräusche des Waldes mehr bewußt. Ich erreichte einen tiefen, meditativen Zustand und entspannt mich sehr gut. Da hörte ich wieder ein Geräusch, diesmal von links. Es klang wie Fußtritte. Was war nur nachts in diesem Wald los? fragte ich mich. Da waren die Fußtritte wieder. Es klang als ob etwas Schweres durch das Gebüsch geschleift wurde. Ein tiefes Grunzen ertönte, was mir wirklich Angst machte. Was konnte das nur sein? Diesmal schienen es mehre Wesen zu sein, die sich herumbewegten und Krach machten. Und dann ging mir ein Licht auf: es waren Wildschweine! Also das übertraf fast noch den Werwolf! Zum einen sind Wildschweine echt, und auch sehr gefährlich, besonders wenn sie Frischlinge haben, aber mit ihnen ist in keiner Jahreszeit zu scherzen. Zweitens war ich nie auf gutem Fuß mit den Angehörigen der Schweinefamilie. Es hatte da einmal einen Vorfall gegeben, als mein erster Freund mich in ein Gebiet brachte, in dem es Wildschweine gab. Erst erzählte er mir, er hätte keine Angst vor ihnen, dann rannte er wie der Wind, mir die Tüte Mais in die Hand drückend, wonach alle Wildschweine, einschließlich Frischlingen zu mir rannten und mich umringten, während der Feigling in Sicherheit hinter Gittertor und Stacheldraht das Geschehen beobachtete.

Ich lauschte den Geräuschen bis sie nur etwa drei Meter
von mir entfernt waren. Der einzige Weg den Wildschweinen zu entkommen war auf einen Baum zu klettern, doch ich glaubte nicht im Dunkeln und in der Eiseskälte schnell genug einen Baum erklimmen zu können, noch ohne etwas zum Festbinden oben bleiben zu können. Und dann war da noch das Problem mit der Einweihung und den Platz nicht verlassen zu dürfen. Trotz meiner Furcht benutzte ich diesmal meinen Geist. Ich versuchte die Schweine geistig zu beeinflussen und von ihrem Kurs abzubringen, in eine andere Richtung zu leiten. Ich schickte die stärksten telepathischen Impulse aus, derer ich fähig war. Es muß funktioniert haben oder eine höhere Kraft half mir, denn die Wildschweine oder was immer es war, kamen von ihrem Kurs ab und drehten nach rechts ab, von mir weg. Ich hörte die Geräusche allmählich in der Ferne entschwinden und war froh. Ich hätte am liebsten vor Erleichterung geseufzt, doch meine beste Verteidigung hier war ungesehen und ungehört zu bleiben.
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Nochmals lebendig begraben!

Ich fragte mich, ob Ghede mich wohl noch holen würde oder ob ich den Todesteil schon am Anfang durchgemacht hatte. Dann begann es zu schneien, und zwar ziemlich heftig. Glücklicherweise hatte ich die Plastikplane mitgenommen und über meinen Schlafsack und die Matten ausgebreitet. Kalte Schneeflocken fielen mir ins Gesicht. Also zog ich die Plane ganz über mein Gesicht, nur an der Seite ließ ich einen Spalt zum Atmen offen. Es klang als ob Schaufeln voller Erde auf meinen Sarg geworfen wurden. Es war als ob ich lebendig begraben würde. Ich konnte sogar das Gewicht des Schnees fühlen, wie es immer schwerer wurde und auf mich niederdrückte. Das war wirklich das merkwürdigste Erlebnis, das ich je hatte. Mehrfaches Erstechen, tanzende Skelette, Schwarzmagier und Kapuzenmänner, schnüffelnde Kreaturen, Wildschweine und lebendig begraben zu werden -- all dies in einer Nacht! Was kommt wohl als Nächstes, dachte ich leicht sarkastisch. Aber der Schnee würde mir Schutz geben, mich verbergen, mich warm halten und Gerüche verdecken. Ich begrüßte ihn. Und so lag ich still in meinem Grab und hörte dem Geräusch des fallenden Schnees zu. Ich vermutete, daß lange Streifen angetauten Schnees von den Bäumen rutschten und auf mich fielen, so hörte und fühlte es sich jedenfalls an. Aber ich würde hier bleiben, egal was geschah. Zumindestens war es kuschelig warm. Die Wahl der Kleidung und Ausrüstung war ausgezeichnet gewesen, ich klopfte mir dafür selbst auf die Schulter.

Als ich mich in meinem Kokon und meiner 'Grabkammer'  entspannte, spürte ich seltsame Nebenwirkungen an meinem Energiekörper. Zum einen hatte ich ein merkwürdiges Gefühl im Sonnengeflecht. Dort fühlte es sich ganz hohl und leer an. Ich betrachtete diese Gefühle ohne sie zu bewerten. Etwas später spürte ich einen elektrischen Strom in meinem Wurzel Chakra, der dann die Wirbelsäule hinauffloß. Die Kopfschmerzen wurden stärker und ich hatte starken Druck hinter den Augen. Einige dieser Gefühle waren unangenehm, aber ich entspannte mich in sie hinein. Verglichen mit dem, was ich vorher durchgemacht hatte, war das leicht. Es fühlte sich so an als würde mein Energiekörper überholt oder verbessert. Wurde Kundalini aktiv? Ich hoffte es! Dies ging einige Zeit so weiter. Mittlerweile war ich müde geworden. Es war so warm und gemütlich in meinem Kokon und trotz allem was vorgefallen war, fühlte ich mich geborgen und entspannt. Ich war mir sicher, problemlos bis zum Morgen aushalten zu können. Ich fing an zu dösen, in traumähnliche Zustände und tiefe Trance abzugleiten, und riß mich mehrmals aus ihnen heraus. Am Ende überwältigte mich der Schlaf dann doch.
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Triumph!

Vögel sangen fröhlich. Ich kam wie aus weiter Ferne zurück und öffnete die Augen. Durch die Decke meines Schlafsackes und die Plastikplane fiel Licht. Es war Morgen! Ich hatte es geschafft! Ich streckte mich, dann hob ich vorsichtig die Plane, schlüpfte gerade genug aus dem Schlafsack heraus, um mich aufsetzen zu können. Die Luft war kalt und frisch, aber die Sonne schien. Es war ein wunderbarer Morgen. Alles war mit Schnee bedeckt. Er lag mindestens 10 cm hoch auf meinem Schlafsack. Hätte ich nicht die Plane mitgenommen, dann wäre es eine nasse, unbequeme Nacht geworden. Gute Planung, lobte ich mich. Unglaublich, wenn ich mich jetzt so umsah, war es schwer zu glauben, daß ich die Nacht in diesem kalten Wetter im Wald verbracht hatte, und das noch während des Fastens. Ich trank ein paar Schluck Zitronenwasser mit Honig aus meiner Thermosflasche, es war immer noch lauwarm. Dann kroch ich ganz aus dem Schlafsack heraus und zog meine Stiefel an. Unter diesen Bedingungen alles einzupacken war nicht gerade einfach. Aber ich war euphorisch, denn ich hatte die Einweihung bestanden. Ich rollte Schlafsack und Matte auf und stopfte alles wieder in den riesigen Rucksack. Es würde harte Arbeit sein, ihn zurück zum Auto zu tragen, aber nach all den Dingen, die ich ertragen mußte, war dies fast ein Kinderspiel! Beim Einpacken sah ich mein Handy, das ich nur für den absoluten Notfall mitgenommen hatte. Ich schaltete es an und innerhalb von wenigen Minuten rief mich R. an, der ebenfalls Schamanism praktizierte. Er gratulierte mir es geschafft zu haben, sagte, er war um mich besorgt gewesen. "Wieviel härter kann es denn noch werden?" fragte er, dann beantwortet er seine eigene Frage mit "härter kann es gar nicht mehr werden, Sakti! Geht es dir gut?" "Ja, mir geht es sehr gut, fühle mich gut ausgeruht, habe nur ein etwas unangenehmes Gefühl im Magen," antwortete ich. "Ich werde ein bißchen Löwenzahnsaft trinken," verkündigte ich. Und das tat ich dann auch. Ich goß mir einen Becher Löwenzahn Preßsaft vom Naturkostladen ein und trank ihn. Er sollte mich von den Giftstoffen der Alraune reinigen. Ich fühlte mich schon stärker. Dann packte ich den Rest meiner Ausrüstung und nach einem letzten Blick auf den Ort meiner Todeseinweihung, schwang ich mir den Rucksack über die Schultern und ging.

Zu meiner Überraschung war ich stärker als auf dem Hinweg am Abend zuvor. Doch der Rucksack war sehr schwer und mit Campingmatte unter einem Arm und dem Schlafsack von der anderen Hand baumelnd konnte man keine grössere Strecke gehen. Irgendwann hatte ich mich hoffnungslos verirrt und wußte nicht mehr, wie ich aus dem Wald herauskommen könne. Dies war der seltsamste Wald in dem ich je gewesen war, mit all seinen kleinen Seitenpfaden war es ein echter Irrgarten. Doch dann zeigte mir der Totempfahl wieder den Weg und schließlich kam ich bei der gefrorenen Wiese an. In der Ferne konnte ich mein Auto auf dem Parkplatz sehen. Erleichtert, daß es noch da war, eilte ich hin. Die ganze Zeit sang mein Herz. Ich habe es geschafft! Ich habe es geschafft! Ich konnte es kaum glauben, daß ich das allein durchgezogen hatte und alle diese Prüfungen und Härten allein durchgestanden hatte, ohne Auzugeben oder zu Schummeln. Ich muß sagen, ich war wirklich stolz auf mich. Was noch wichtiger war, ich war mir sicher, das negative Karma eines frühzeitigen Todes durch diese Zeremonie und die Todeserfahrung, deren ich mich freiwillig unterzogen hatte, abgewendet zu haben. Irgendetwas in mir war eindeutig anders. Ich fühle mich leichter, stärker, selbstsicherer. Und ich war glücklich, so glücklich wie ich schon lange nicht mehr gewesen war!

_Copyright © Avalon Sakti, 20.01.2006
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